Lünen. Gary Hilgemann gehört die Firma Rebotnix in Lünen. Er entwickelt mit seinem Team Künstliche Intelligenz (KI) Was heißt das eigentlich und übernehmen Maschinen demnächst die Weltherrschaft?

Ursprünglich haben Gary Hilgemann und Peter Simon Anwendungen für Drohnen gebaut. Darüber entdeckten sie für sich den Markt der künstlichen Intelligenz (K.I.). Heute bauen sie in Hilgemanns Firma Rebotnix im Lüner Technologiezentrum (Lüntec) die Technologie von Morgen. Technologie, die unglaubliche Leistungen vollbringt, begeistert, gefragt ist, aber auch beängstigend wirken kann. Der CEO von Rebotnix, Gary Hilgmann, im Interview.

Wie kommt man dazu, ein Unternehmen für KI zu gründen?

Ursprünglich hatte ich eine Idee, musste eine Hardware für eine Drohne auseinandernehmen, das habe ich als Softwareingenieur nicht hinbekommen. Da kam Peter Simon (Anm. CTO von Rebotnix) dazu und hat das gemacht. Wir haben uns über ein paar Wochenenden getroffen und irgendwann sagte er: ‚Eigentlich können wir doch auch mehr daraus machen.‘ Wir haben dann von intelligenten Lampen über Wireless-Steuerungen eigentlich alles gebaut.

Was wurde aus den Drohnen?

Wir haben uns darauf konzentriert Applikationen zu entwickeln, die man unter einer Drohne anbringen kann. Für Fotos zum Beispiel. Damit waren wir auch ziemlich erfolgreich. Das war eigentlich auch schon KI.

Warum sind Sie nicht dabei geblieben?

Irgendwann kamen die Chinesen ins Geschäft. Wir haben gesehen, dass die bald in der Lage sein würden massiv im Drohnenmarkt mit einzusteigen.

Was haben Sie da gemacht?

Im Medienbereich haben wir dann einen Minicomputer gebaut. Aber wir verkaufen eigentlich die Anwendungen in diesem Computer.

Was macht man damit?

Damit können wir zum Beispiel Gesichter während einer Live-Produktion unkenntlich machen. Aktuell darf man eine Live-Produktion eigentlich nicht senden, außer Sie haben das Einverständnis aller, die dort aufgenommen werden. Wir waren die Einzigen, die sich das getraut haben.

Wo und Wann?

Bei einer Produktion von Spiegel-TV vor vier Wochen. An der Grenze zu Görlitz sollte die Arbeit der Polizei gezeigt werden. Dazu wurde eine ganze Autobahn gesperrt und jeder kontrolliert. Das Ganze wurde live gefilmt.

Und das hat geklappt?

Ja. Das war das erste Mal live im Fernsehen zu sehen.

Und dann gibt´s noch den Industriesektor.

Genau. Viele Anlagen in Deutschland sind 20 bis 30 Jahre alt. Die funktionieren noch, es stellt sich aber die Frage der Effizienz. Kein Mensch kann 10.000 Einheiten am Tag einzeln auf Fehler überprüfen. Wir können KI aber darauf trainieren.

Was heißt trainieren mit der KI?

Viele denken, dass wir den Menschen ersetzen. Das ist nicht der Fall. Wenn ich zu einer Produktionsstätte komme, weiß ich von deren Abläufen gar nichts. Ein Ingenieur bringt der KI bei, was er gelernt hat. Und dieses Wissen assistiert ihm dann bei der Arbeit, die er alleine gar nicht schaffen kann. Das heißt, ich bin immer wieder auf das Know-how angewiesen. Ich gebe nur das Werkzeug dazu.

Das heißt die KI verbessert den Arbeitsprozess?

Das ist das Schwierigste für uns, weil unsere Produkte immer als Magic-Box verkauft werden. Viele denken, wir zählen nur die Fehler. Das ist auch richtig und auch toll, aber das ist nicht die Arbeit von KI.

Was macht die KI denn?

Die Frage ist ja: ‚Warum passiert der Fehler?‘ Wir erfassen die Daten in Langzeit. Alle Zusatzdaten, die zu diesem Fehler geführt haben, kann ich hier mit einbringen. Dann kann ich die KI fragen, aus welchem Produktionsbereich der höchste Anteil von Fehlern kommt. So wird eine alte Anlage modern.

Der Minicomputer heißt Gustav. Hat der Name eine Bedeutung?

Die KI hat herausgefunden, dass wir den Namen nehmen sollen. (lacht)

Im Ernst?

Kein Scherz. Wir haben eine KI mit Produktnamen gefüttert. Alles von 1950 bis heute. Daraus hat die eine über siebenundneunzigprozentige Bewertung ausgegeben, dass der Computer Gustav heißen sollte.

Hat die KI eine Begründung dafür gegeben?

Nein, das macht sie nicht. Die KI kann immer nur Wahrscheinlichkeiten ausdrücken. Wir müssen letztendlich die Entscheidung treffen.

Sie sagen, die KI trifft eine Einschätzung, aber wir entscheiden. Wäre eine Herrschaft der Maschinen denkbar, also dass die KI die Entscheidung trifft?

Das geht schon. Ich brauche es ja nur entsprechend programmieren. Ich könnte einer Drohne zum Beispiel beibringen, dass sie mit einem Foto von einem Gesicht, einer bestimmten Person Schaden zufügt.

Die Frage lautet also: Wer regelt, was eine KI darf? Deswegen brauchen wir eine Gesetzgebung, die sagt was erlaubt ist und was nicht. Also hier: Eine KI darf nicht das Gesicht einer Person identifizieren und entscheiden, dieser Person Schaden zuzufügen.

Gibt es in dieser Richtung denn schon etwas?

Im Prinzip erwarten wir das von der Politik. Das können sie aber nicht, weil Politiker das Fundament dieser KI noch nicht verstehen. Wir selbst ja teilweise auch nicht. Aber eine Ethik-Kommission könnte ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen.

Also gibt es das noch nicht?

Leider nein.

Wären Sie denn dafür verantwortlich, wenn eine KI eine solche Entscheidung trifft?

Das ist eine sehr schwere Frage. Wir haben mal ein Modell gebaut, mit dem in einem Raum mittels eines WLAN-Signals eine Person von außen überwacht werden kann. Zum Beispiel könnte die Feuerwehr damit nach Vermissten in einem brennenden Gebäude suchen.

Man könnte damit aber auch seine Ehefrau überwachen. Für solche Sachen ist die Menschheit vielleicht auch einfach noch nicht bereit. Solche Technologie findet bei Rebotnix nicht statt. Das heißt aber nicht, dass es andere nicht schon machen.

Das Interview führte Matthias Stachelhaus.

INFO //  www.rebotnix.com // Hier geht´s zum Artikel (RNplus): Lüner Firma entwickelt…


Quelle: Ruhr Nachrichten Lünen vom 11.11.2019