Veranstaltungsspezialist Ingo Kaiser hat in Lünen den „Erlebnisreich-Campus“ geschaffen – und das mitten in der Pandemie.

Als sich plötzlich etwas tut am traditionsreichen Kantinengebäude in Lünen-Wethmar, muss Ingo Kaiser viel telefonieren. Bürgerschaft und Lokalpresse wollen wissen, was er, der neue Eigentümer, mit dem Wahrzeichen vorhat. Kaiser, selbst ein Kind der Stadt, erklärt den historischen Hintergrund: „Nach Jahrhunderten der Landwirtschaft wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Lippetal große Vorkommen an Raseneisenerz entdeckt.“ Gemeint ist ein Boden mit hohem Metallgehalt dicht unter der Oberfläche. Vor rund 200 Jahren gründete der Lüner Caspar Diederich Wehrenbold die „Gewerkschaft Eisenhütte Westfalia“ in Wethmar und legte so den Grundstein für die Industrialisierung der Region. Doch mit dem Ende des Bergbaus verlor auch die Westfalia ihre Bedeutung. Von dem einst riesigen Werksareal blieb nur noch die 1870 erbaute „Kantine Westfalia“ erhalten. Verständlich, dass die Lüner mit Argusaugen über das Erbe aus Backstein wachen. Ein Baugerüst an der Fassade kann da schnell für Unruhe sorgen. Doch der Unternehmer kann die Besorgnis schnell zerstreuen. Er will, unter Berücksichtigung aller denkmalpflegerischen Vorgaben, der markanten Immobilie wieder Leben einhauchen. Sie soll nicht nur optisch fester Bestandteil des „Erlebnisreich-Campus“ werden. Geplant sind Events und Coworking-Spaces. Der Hallenkomplex in unmittelbarer Nachbarschaft wurde im Juni des vergangenen Jahres, nach nur einjähriger Bauzeit, eingeweiht. Bis jetzt kam ein „mittlerer siebenstelliger Eurobetrag“ zusammen, wie der Bauherr sagt – die Sanierung des Denkmals noch nicht eingerechnet. Jahrelang hatte Kaiser an dem Konzept gefeilt. „Und ausgerechnet in der Corona-Pandemie musste ich es umsetzen“, sagt der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der Late Night Concepts Veranstaltungsproduktion GmbH & Co. KG mit leichter Ironie.

Mit blauem Auge aus der Krise

Existenzbedrohend sei die Investition aber nicht. Im Gegenteil: „Die neue Immobilie ist kein Klotz am Bein, sondern eine echte Chance“, sagt Kaiser. Denn am vorherigen Standort in Werne hätte man aufgrund des Platzmangels nicht so flexibel reagieren können. 65 Veranstaltungen waren es im zweiten Halbjahr 2020 – eine stattliche Zahl unter den bekannten Gegebenheiten. „Wir sind zum Glück mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen. “Kurzarbeit war nur in den ersten Monaten ein Thema. Gleichwohl zeigt man sich mit der arg gebeutelten Branche solidarisch. Im Rahmen der bundesweiten Aktion „Night of Light“ im vergangenen Juni ließ Kaiser die alte Kantine im roten Licht erstrahlen. „Auch in Lünen wurde ein Zeichen an die Politik gesetzt.“ Um in der Pandemie zu bestehen, setzten Kaiser und sein Team schon früh auf Streaming-Angebote, machten aber auch physische Treffen möglich. Sowohl der Lüner Stadtrat als auch der Kreistag wichen auf den Campus aus. Auch eine Jurysitzung zur Internationalen Gartenschau(IGA) fand an der Hüttenallee Platz. Die Abstandsregeln lassen sich auf dem „Erlebnisreich-Campus“ leicht einhalten, denn das Areal bietet jede Menge Platz. Insgesamt umfasst es12.000 Quadratmeter, davon stehen 7.000 Quadratmeter für Events zur Verfügung. Besonders beeindruckend ist das sogenannte Atelier: Es ist zwölf Meter hoch und könnte, in normalen Zeiten, bis zu tausend Menschen als Location dienen. Hauptmieter der Erlebnisreich GmbH & Co. KG ist Late Night Concepts mit 20 festen Mitarbeitern am Standort. Weitere Nutzer, ob für einen Abend oder mehrere Monate, sind willkommen. Das Raumangebot ist dank flexibler Aufteilung beachtlich. Kaiser schwebt ein Mix aus Lagerflächen, „Working-Space“ und Eventbereichen vor. Er sieht das Areal als Keimzelle für große Visionen. Als einen Ort, „der die Region weiter nach vorne bringt“. Megatrends wie „NewWork“ oder moderne Mobilität werden berücksichtigt. Im Innenhof gibt es mehrere Plug-in-Stationen für E-Fahrzeuge. Das freut nicht nur den langjährigen Late-Night-Kunden Mercedes. Das 1997 gegründete Unternehmen hat sich auf B2B-Veranstaltungen wie Jahrestagungen oder Produktpräsentationen spezialisiert. „Unsere drei großen Leistungsbereiche sind Gestaltung und Planung sowie die technische und bauliche Umsetzung der Ideen“, erklärt der Geschäftsführer. Ihm sei es wichtig, alles aus einer Hand anzubieten. Deswegen gibt es eine eigene Werkstatt, auch „Manufaktur“ genannt. „Viele unserer Bauten werden auch heute noch von Hand hergestellt“, sagt Kaiser. Seine Philosophie lautet: „Wir streben nach Vollendung.“ Der 48-jährige Diplom-Kaufmann hat das Arbeiten im Veranstaltungsbereich von der Pike auf gelernt. „Schon mit 14 Jahren habe ich Band-Wettbewerbe in Schulen organisiert“, erinnert er sich. Während des Studiums schleppt er Kabel und Mischpulte. Er wird Oberbeleuchter, technischer Leiter und schließlich Produktionsleiter. Großveranstaltungen wie das „Goldene Lenkrad“ muss er auf und über die Bühne bringen. Mit Mitte 20 macht er sich selbstständig. Das erste Büro ist sein altes Kinderzimmer. Es folgt eine ehemalige Schreinerei in Werne. Heute führt Late Night Concepts Veranstaltungen auf der ganzen Welt durch, der Auslandsanteil liegt bei 50 Prozent.

Eigenes System „Cargo Cart“

Zu den besonders spektakulären Projekten in Deutschland gehört zum Beispiel die Mercedes-Benz-Tour im Auftrag der Daimler AG. In einem Zeitraum von drei Monaten fanden neun Shows an neun verschiedenen Standorten mit jeweils bis zu 2.500 Besuchern statt. Entsprechend hoch war der logistische Aufwand. Das Thema Transport treibt Kaiser seit jeher um. Weil er mit den üblichen Systemen unzufrieden war, entwickelte er ein eigenes System: „Cargo Cart“ ist seit fast zehn Jahren ein weiteres Standbein des Unternehmens. „Flight Cases und Paletten haben jahrzehntelang das Bild beim Aufbau von Veranstaltungen geprägt. Doch sie bieten nur wenig Stabilität oder sind nicht flexibel genug. “Die Idee hinter den Cargo Carts: „Sie haben ein einheitliches, auf die Abmessungen eines Lkw abgestimmtes Außenmaß.“ Genau 66 passen in ein Standardfahrzeug. Das Kippen und Drehen beim Beladen falle weg, so der Erfinder. Das „Tetris-Spielen“ habe damit ein Ende, das Tempo werde deutlich erhöht. „Und Zeit ist Geld.“ Das hat sich in der Branche herumgesprochen: „Die letzte Grönemeyer-Tour wurde mit dem System ausgestattet.“ Mittlerweile verkauft sich das Produkt aus Lünen in ganz Europa.

Ingo Kaiser ist zuversichtlich, dass die schlimmste Zeit, die das Veranstaltungswesen je erlebt hat, bald vorüber ist. „Spätestens im kommenden Jahr wird es wieder richtig losgehen. Die Menschen wollen sich wieder richtig treffen.“ Sein Tipp an alle Ausgeh-Hungrigen: „Ich würde jetzt schon mal Tische in Restaurants buchen –und zwar bis zum Ende des Jahres.“

Mit blauem Auge aus der Krise

Existenzbedrohend sei die Investition aber nicht. Im Gegenteil: „Die neue Immobilie ist kein Klotz am Bein, sondern eine echte Chance“, sagt Kaiser. Denn am vorherigen Standort in Werne hätte man aufgrund des Platzmangels nicht so flexibel reagieren können. 65 Veranstaltungen waren es im zweiten Halbjahr 2020 – eine stattliche Zahl unter den bekannten Gegebenheiten. „Wir sind zum Glück mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen. “Kurzarbeit war nur in den ersten Monaten ein Thema. Gleichwohl zeigt man sich mit der arg gebeutelten Branche solidarisch. Im Rahmen der bundesweiten Aktion „Night of Light“ im vergangenen Juni ließ Kaiser die alte Kantine im roten Licht erstrahlen. „Auch in Lünen wurde ein Zeichen an die Politik gesetzt.“ Um in der Pandemie zu bestehen, setzten Kaiser und sein Team schon früh auf Streaming-Angebote, machten aber auch physische Treffen möglich. Sowohl der Lüner Stadtrat als auch der Kreistag wichen auf den Campus aus. Auch eine Jurysitzung zur Internationalen Gartenschau(IGA) fand an der Hüttenallee Platz. Die Abstandsregeln lassen sich auf dem „Erlebnisreich-Campus“ leicht einhalten, denn das Areal bietet jede Menge Platz. Insgesamt umfasst es12.000 Quadratmeter, davon stehen 7.000 Quadratmeter für Events zur Verfügung. Besonders beeindruckend ist das sogenannte Atelier: Es ist zwölf Meter hoch und könnte, in normalen Zeiten, bis zu tausend Menschen als Location dienen. Hauptmieter der Erlebnisreich GmbH & Co. KG ist Late Night Concepts mit 20 festen Mitarbeitern am Standort. Weitere Nutzer, ob für einen Abend oder mehrere Monate, sind willkommen. Das Raumangebot ist dank flexibler Aufteilung beachtlich. Kaiser schwebt ein Mix aus Lagerflächen, „Working-Space“ und Eventbereichen vor. Er sieht das Areal als Keimzelle für große Visionen. Als einen Ort, „der die Region weiter nach vorne bringt“. Megatrends wie „NewWork“ oder moderne Mobilität werden berücksichtigt. Im Innenhof gibt es mehrere Plug-in-Stationen für E-Fahrzeuge. Das freut nicht nur den langjährigen Late-Night-Kunden Mercedes. Das 1997 gegründete Unternehmen hat sich auf B2B-Veranstaltungen wie Jahrestagungen oder Produktpräsentationen spezialisiert. „Unsere drei großen Leistungsbereiche sind Gestaltung und Planung sowie die technische und bauliche Umsetzung der Ideen“, erklärt der Geschäftsführer. Ihm sei es wichtig, alles aus einer Hand anzubieten. Deswegen gibt es eine eigene Werkstatt, auch „Manufaktur“ genannt. „Viele unserer Bauten werden auch heute noch von Hand hergestellt“, sagt Kaiser. Seine Philosophie lautet: „Wir streben nach Vollendung.“ Der 48-jährige Diplom-Kaufmann hat das Arbeiten im Veranstaltungsbereich von der Pike auf gelernt. „Schon mit 14 Jahren habe ich Band-Wettbewerbe in Schulen organisiert“, erinnert er sich. Während des Studiums schleppt er Kabel und Mischpulte. Er wird Oberbeleuchter, technischer Leiter und schließlich Produktionsleiter. Großveranstaltungen wie das „Goldene Lenkrad“ muss er auf und über die Bühne bringen. Mit Mitte 20 macht er sich selbstständig. Das erste Büro ist sein altes Kinderzimmer. Es folgt eine ehemalige Schreinerei in Werne. Heute führt Late Night Concepts Veranstaltungen auf der ganzen Welt durch, der Auslandsanteil liegt bei 50 Prozent.

Eigenes System „Cargo Cart“

Zu den besonders spektakulären Projekten in Deutschland gehört zum Beispiel die Mercedes-Benz-Tour im Auftrag der Daimler AG. In einem Zeitraum von drei Monaten fanden neun Shows an neun verschiedenen Standorten mit jeweils bis zu 2.500 Besuchern statt. Entsprechend hoch war der logistische Aufwand. Das Thema Transport treibt Kaiser seit jeher um. Weil er mit den üblichen Systemen unzufrieden war, entwickelte er ein eigenes System: „Cargo Cart“ ist seit fast zehn Jahren ein weiteres Standbein des Unternehmens. „Flight Cases und Paletten haben jahrzehntelang das Bild beim Aufbau von Veranstaltungen geprägt. Doch sie bieten nur wenig Stabilität oder sind nicht flexibel genug. “Die Idee hinter den Cargo Carts: „Sie haben ein einheitliches, auf die Abmessungen eines Lkw abgestimmtes Außenmaß.“ Genau 66 passen in ein Standardfahrzeug. Das Kippen und Drehen beim Beladen falle weg, so der Erfinder. Das „Tetris-Spielen“ habe damit ein Ende, das Tempo werde deutlich erhöht. „Und Zeit ist Geld.“ Das hat sich in der Branche herumgesprochen: „Die letzte Grönemeyer-Tour wurde mit dem System ausgestattet.“ Mittlerweile verkauft sich das Produkt aus Lünen in ganz Europa.

Ingo Kaiser ist zuversichtlich, dass die schlimmste Zeit, die das Veranstaltungswesen je erlebt hat, bald vorüber ist. „Spätestens im kommenden Jahr wird es wieder richtig losgehen. Die Menschen wollen sich wieder richtig treffen.“ Sein Tipp an alle Ausgeh-Hungrigen: „Ich würde jetzt schon mal Tische in Restaurants buchen –und zwar bis zum Ende des Jahres.“

Quelle: IHK Ruhr Wirtschaft Juni 2021