„Wir waren die ersten weltweit, die Sicherungen speziell für Fotovoltaikanlagen entwickelt haben. Darauf bin ich noch immer ziemlich stolz.“ Für Bernd Schwegmann senior, zusammen mit seiner Familie Inhaber von SIBA und lange Jahre auch Geschäftsführer des Unternehmens, ist es natürlich nicht überraschend, dass seine Firma die Potenziale des Marktes für regenerative Energien so rechtzeitig erkannt hat. Diesen starken Unternehmergeist brachte Schwegmann senior auch in seine ehrenamtlichen Tätigkeiten als Mitglied der IHK-Vollversammlung (2002 bis 2017), Leiter des Wirtschaftsgesprächs Lünen (2006 bis 2014) sowie bei der Mitarbeit in mehreren IHK-Ausschüssen mit ein. SIBA mit seinen heute rund 400 Mitarbeitern war stets ein klassisches, ingenieurgetriebenes deutsches Unternehmen von Tüftlern. Seine Produkte sind aktuell nicht nur in Solaranlagen, sondern auch in großen Trafos von Energieanlagen ebenso zu finden wie in kleinen elektronischen Sensoren und Geräten für die Industrie.

Carl Linz, der das Unternehmen 1946 in Lünen gründete, und sein jüngerer Bruder Otto, der Schwiegervater Schwegmanns, der 1964 die Geschäftsleitung übernahm, waren beide Ingenieure. Dass SIBA es trotz Materialmangels schaffte, bereits ein Jahr nach dem verheerenden Weltkrieg wieder elektrische Sicherungen zu produzieren, lag an der Findigkeit der Brüder. Sie besorgten sich Schmelzsicherungen, die „durchgebrannt“ waren und füllten deren Inneres wieder mit neuem Leben. Neben Energieanlagen gehörten schnell auch Schaltanlagen zu den zentralen Anwendungsgebieten. Elektrische Sicherungen an diesen Stellen müssen ganz andere Belastungen aushalten als das, was man im eigenen Sicherungskasten in der Wohnung hat – obwohl SIBA auch dafür Produkte liefert. Der Fokus auf anspruchsvolle Schmelzsicherungen führte früh zu einer eigenen Abteilung für Forschung und Entwicklung. Schwegmann kam zwar als Textilkaufmann und Betriebswirt 1970 zunächst in die Buchhaltung von SIBA, paukte aber Elektrotechnik auf der Fachschule sowie beim Laborleiter und lernte das Unternehmen intensiv kennen, bevor er 1980 Geschäftsführer wurde. Schwegmanns Engagement imponierte auch dem Schwiegervater, denn der tat nach der Übergabe etwas, was vielen Gründern bei der Unternehmensnachfolge schwerfällt, nämlich nichts. Der neue Chef nutzte den Freiraum für wegweisende Vorgaben. Den Boom des Digitalen auch in der Industrie vor Augen, übernahm SIBA 1990 die Dortmunder ELU, ein Unternehmen, das kleine und kleinste Sicherungen für die Industrieelektronik herstellte. „Das war sicher einer unserer wichtigsten Meilensteine“, bilanziert Schwegmann. Kein risikoloser, denn die Produkte hatten nur das Prinzip mit ihren großen Schwestern gemein. Komplett neue Herstellungslinien mussten aufgebaut, neue Vertriebsstrukturen eingerichtet werden. Die Firmenübernahme zahlte sich aus, der Produktbereich gehört zu den Stützen des Unternehmens.

Früh international unterwegs

Ebenso wichtig war auch der frühe Schritt in die Internationalisierung. Schon Carl Linz hatte in den Sechzigern ein internationales Netz von Handelsvertretern aufgebaut. Nachfolger Bernd Schwegmann gründete dann mit Hassen Ismail Hassen, einem indischstämmigen Südafrikaner, 1987 in Jeppestown die erste Tochtergesellschaft im Ausland. Inzwischen ist SIBA in elf Ländern weltweit mit Vertriebsgesellschaften vertreten. Auch die nachhaltige Herstellung, die in den Wirtschaftswunderjahren aus der Materialnot geboren wurde, spielt für das Unternehmen eine große Rolle.

Schwegmann: „Wir gehörten zu den Gründungsmitgliedern des NH-HH-Recyclingvereins“. Der Verein, in dem Produzenten und Hersteller sitzen, sammelt seit inzwischen mehr als 25 Jahren bundesweit abgeschaltete Sicherungseinsätze von Nieder-und Hochspannungs-Hochleistungssicherungen (NH-, HH-) und verwertet vor allem das darin enthaltene Kupfer und Silber. Für die Zukunft hat Inhaber Schwegmann seine Firma natürlich längst vorbereitet, indem er selbst 2010 das Zepter an seinen Sohn weiterreichte. Der stellte 2017 erstmals einen zweiten Geschäftsführer ein. Michael Schröer war zwar „familienfremd“, aber schon seit Jahrzehnten im Unternehmen. Bernd Schwegmann junior und Michael Schröer haben nicht nur die Themen Industrieelektronik und erneuerbare Energien vorangetrieben, sondern auch die Digitalisierung. Heute helfen Industrieroboter bei der Fertigung, ein halbautomatisches Hochregallager beschleunigt Kommissionierung und Vertrieb; Supply-Chain-und CRM-Software optimieren Produktionsprozesse und Kundenbetreuung. Viele neue, junge Mitarbeiter tragen diese Entwicklung mit. Das ist in der Produktion ebenso wie auf den Bürofluren zu spüren, wo sich die Menschen über alle Hierarchien hinweg kollegial duzen. Das wäre zu seinen operativen Zeiten vermutlich nicht vorstellbar gewesen, ist aber eigentlich genau im Sinn auch des Seniors. „Mir war es immer wichtig, dass kein Mitarbeiter mit ‚Bauchschmerzen‘ zur Arbeit kommt“, sagt Schwegmann. Wer Fehler macht, sollte natürlich daraus lernen, aber Wertschätzung gegenüber der Belegschaft, das sei das Salz in der Suppe erfolgreicher Unternehmen. Vielleicht ein Grund dafür, warum die Produktion immer am Standort geblieben ist und nie ins Ausland verlagert wurde. In Coronazeiten hat sich das bewährt: „Wir konnten hier zentral alle nötigen Maßnahmen einleiten und sind die ganze Zeit lieferfähig geblieben,“ berichtet Michael Schröer. Er hat aktuell die alleinige Geschäftsführung inne, denn Bernd Schwegmann junior muss sich nach schwerer Krankheit länger erholen. Dass auch solche Phasen gemeistert werden können, funktioniert natürlich nur, weil rechtzeitig die richtigen Weichen gestellt wurde.

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Quelle: IHK Ruhr Wirtschaft, Ausgabe Juni 2021